Das Maß ist voll! – NABU Heidekreis zum „30-Hektar-Tag“ am 30. Juli
Pressemitteilung des NABU-Heidekreis
Seit der Naturschutzbund im Jahr 2011 den „30-Hektar-Tag“ als bundesweiten Aktionstag für nachhaltiges Flächenmanagement ins Leben gerufen hat, ist wenig passiert. Ungeachtet des in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie vereinbarten Ziels, den Flächenverbrauch bis 2030 um die Hälfte auf 30 ha pro Tag und bis 2050 auf netto Null zu senken, wurden in den letzten zehn Jahren täglich noch immer rund 52 ha fruchtbare Böden und ökologisch wertvolle Flächen umgewidmet und durch den Bau von Wohnhäusern, Straßen und Gewerbegebieten in ihrer Funktionsfähigkeit drastisch reduziert oder gänzlich zerstört. Daran wird sich auch in diesem Jahr nichts ändern, denn das Maß ist seit dem 30. Juli voll: Die laut 30-Hektar-Ziel verfügbare Fläche für 2024 ist verbraucht.
„Obwohl 2020 im Niedersächsischen Weg vereinbart wurde, die Neuversiegelung bis 2030 auf unter drei Hektar pro Tag zu senken, tut sich auch hierzulande wenig“, bemängelt der Vorsitzende des Naturschutzbundes Heidekreis, Klaus Todtenhausen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Zum einen fehlt es an Anreizen, geeignete Instrumente und Maßnahmen zum Flächensparen zu entwickeln und umzusetzen, zum anderen habe sich die Erkenntnis, dass Boden keine beliebig verfügbare, potenzielle Baufläche, sondern ein unersetzliches, lebendiges Naturgut ist, dessen Belastung und Vernichtung nachweislich den Klimawandel beschleunigt und die Biodiversität gefährdet, bei den Entscheidungsträgern noch immer nicht durchgesetzt. So beklagt Wirtschaftsminister Olaf Lies in einem Schreiben an den Landkreis vom 20. Juni 2023, dass sich die Neuausweisung von Gewerbeflächen auf einem „sehr niedrigen Niveau“ befindet und hält zusätzliche Flächenausweisungen – insbesondere von „zusammenhängenden Gewerbeflächen in einer Größenordnung von 100 ha und mehr“ für erforderlich. Er konterkariert damit die Ziele der als wegweisend gefeierten Vereinbarung zum sog. Niedersächsischen Weg, an der er selber als Umweltminister maßgeblich beteiligt war.
Solange es keine verbindlichen regionalen und lokalen Reduktionsziele gebe, werde sich deshalb wenig ändern, befürchtet der Naturschutzbund. Denn der Wettstreit der Kommunen um die Ansiedlung von Einwohnern und Gewerbesteuerzahlern habe zu einer Baulandpolitik geführt, die sich an kurzfristigen Einnahmeverbesserungen orientiere, statt eine langfristige Wohlfahrtsoptimierung anzustreben. „Es ist erschreckend zu sehen, wie schnell und sorglos in unserem Landkreis über Jahrhunderte gewachsene natürliche Böden vernichtet werden“, gibt Pressesprecherin Dr. Antje Oldenburg zu bedenken und verweist auf die vielfältigen Funktionen im Naturhaushalt, die durch die Versiegelung unwiederbringlich verloren gehen: Böden sind nach den Ozeanen der zweitgrößte Kohlendioxidspeicher, sie wirken als Filter und Puffer gegenüber Schadstoffeinträgen, sie schützen Oberflächengewässer und Grundwasser und sind ein elementarer Lebensraum für Menschen, Tiere, Pflanzen und Bodenorganismen.
Dr. Antje Oldenburg
Pressesprecherin NABU Heidekreis e.V.